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Donnerstag, 8. Juni 2023
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Eine solche Aufführung gibt es selten: Mehrere Tanzgruppen und zwei Orchester wagen sich mit Erfolg an das Stück «Le
Musik «Le sacre du printemps» (Das Frühlingsopfer) ist ein Stück für Ballet und Musik von Igor Strawinsky aus dem Jahr 1913. Die Aufführung dieses Werks in der Halle 53, der ehemaligen Giesserei von Sulzer, ist ein Programmhöhepunkt des Musikkollegiums Winterthur in diesem Jahr.
Entstanden ist es in Zusammenarbeit von zwei Orchestern und drei Tanzgruppen. Neben dem Musikkollegium spielt auch das «Iberacademy Orchester Medellín». Roberto González-Monjas dirigiert das Musikkollegium und zugleich das Jugendorchester in Kolumbien. Es galt also, mit Proben auf zwei Kontinenten und am Schluss in Winterthur zwei Orchester für ein anspruchsvolles Stück zusammenzuführen. Auf der Ballettbühne tanzen Kinder und Jugendliche aus Winterthur, Wetzikon und Zürich.
Die Erwartungen an dieses gross angelegte Zusammenspiel sind hoch. Die Neugierde ist im Publikum zu spüren. Zunächst gibt es ein Vorspiel ausserhalb der eigens aufgebauten Konzerthalle. Ein kurzes Gespräch unter der Leitung von Dominik Deuber, Direktor des Musikkollegiums, befasst sich mit dem Inhalt von «Le sacre du printemps».
Strawinsky setzte in seinem Musik- und Ballettstück eine Geschichte aus dem alten Russland um. Ein Dorf opfert im Frühling eine junge Frau, damit die Ernte gut wird. Josef Eder, Choreograf und künstlerischer Leiter des Stücks, sagt dazu: «Wir haben ‹Le sacre› in Südafrika aufgeführt. Eine Zuschauerin fragte, woher wir so genau wüssten, wie sie sich als schwarze Frau während der Apartheid gefühlt habe.» Das Grundmuster des geopferten Mädchens erzielt offenbar über Kulturgrenzen hinweg seine Wirkung. Diese ist heftig, auch in Winterthur.
Ein gellender Schrei erschreckt das Publikum. Er kommt von einer Balletttänzerin mitten im Publikum, das eben noch dem Gespräch zugehört hat. Tänzer und Musiksolisten bewegen sich zwischen den Zuhörern, als bildeten diese einen Wald. Da und dort erklingen Musikfetzen. In diesen guerrillamässigen Auftritten wird klar, wie Strawinskys Geschichte uns heute trifft: Wieder wird auf diesem Kontinent eine Jugend dem Moloch Krieg geopfert. Es ist eine Jugend, die ohnehin mit der Angst lebt, dass ihnen im Alter weder Rente noch Natur und Landschaft bleiben. Damit ist das Thema gesetzt.
Im Konzertsaal geht es mit grosser Wucht los. Als Ouvertüre sozusagen erklingt das Stück «Die Eisengiesserei» von Alexander Mossolow aus dem Jahr 1928. Das Stück voller stampfender Rhythmen und mächtiger Klangwellen verkörpert wie selten eines das 20. Jahrhundert mit seinen aufsteigenden Industrien und Wolkenkratzern, Massenveranstaltungen und seinem wiederkehrenden Geschützdonner. Der einzelne Mensch wird von der Maschine geschluckt. Vielleicht war das in der Halle 53, in der ehemaligen Giesserei Sulzers, so. Noch zeugen Krane und T-Träger von der industriellen Vergangenheit des Orts. Während des Auftakts ist das Orchester beleuchtet. So sieht man, wie González dirigiert, wie die Klänge aus seinen Armbewegungen herauszuströmen scheinen.
Dann folgen Strawinsky und das Ballett. Dieses hält sich grundsätzlich an die Geschichte des Komponisten. Frische choreografische Einfälle öffnen den Fächer aber für neue Lesarten. So senkt sich ein Netz aus Stricken über die aus Angst zusammengedrängten Tanzenden. Sie zappeln wie Fische darin, versuchen zu entkommen. Schliesslich gelingt ihnen die Befreiung. Doch am Ende, nach durchlebtem Streit, nach Kämpfen und Aufbruch, ziehen die Tanzenden das Netz freiwillig über sich herab. Die Jugend opfert sich selbst, weil die Freiheit am Ende unerträglich wird. Sie würde der Gruppe zu viel abverlangen. So lautet eine mögliche Interpretation des im Tanz ausgedrückten Dramas. Nachdem der letzte Ton verklungen ist, sieht man es den jungen Tänzerinnen und Tänzern an: Das grosse Zusammenspiel hat funktioniert. Stehender Applaus brandet ihnen und dem Orchester entgegen. Die Aufführung von «Le sacre du printemps» erweist sich als grosses kulturelles Ereignis in Winterthur. Die Programmwoche unter dem Titel «Le Grand Rituel» dauert noch bis zum 18 Juni. An diesem Tag gibt es nochmals die Möglichkeit, «Le sacre du printemps» zu sehen.
Christian Felix
Eine solche Aufführung gibt es selten: Mehrere Tanzgruppen und zwei Orchester wagen sich mit Erfolg an das Stück «Le
Musik «Le sacre du printemps» (Das Frühlingsopfer) ist ein Stück für Ballet und Musik von Igor Strawinsky aus dem Jahr 1913. Die Aufführung dieses Werks in der Halle 53, der ehemaligen Giesserei von Sulzer, ist ein Programmhöhepunkt des Musikkollegiums Winterthur in diesem Jahr.
Entstanden ist es in Zusammenarbeit von zwei Orchestern und drei Tanzgruppen. Neben dem Musikkollegium spielt auch das «Iberacademy Orchester Medellín». Roberto González-Monjas dirigiert das Musikkollegium und zugleich das Jugendorchester in Kolumbien. Es galt also, mit Proben auf zwei Kontinenten und am Schluss in Winterthur zwei Orchester für ein anspruchsvolles Stück zusammenzuführen. Auf der Ballettbühne tanzen Kinder und Jugendliche aus Winterthur, Wetzikon und Zürich.
Die Erwartungen an dieses gross angelegte Zusammenspiel sind hoch. Die Neugierde ist im Publikum zu spüren. Zunächst gibt es ein Vorspiel ausserhalb der eigens aufgebauten Konzerthalle. Ein kurzes Gespräch unter der Leitung von Dominik Deuber, Direktor des Musikkollegiums, befasst sich mit dem Inhalt von «Le sacre du printemps».
Strawinsky setzte in seinem Musik- und Ballettstück eine Geschichte aus dem alten Russland um. Ein Dorf opfert im Frühling eine junge Frau, damit die Ernte gut wird. Josef Eder, Choreograf und künstlerischer Leiter des Stücks, sagt dazu: «Wir haben ‹Le sacre› in Südafrika aufgeführt. Eine Zuschauerin fragte, woher wir so genau wüssten, wie sie sich als schwarze Frau während der Apartheid gefühlt habe.» Das Grundmuster des geopferten Mädchens erzielt offenbar über Kulturgrenzen hinweg seine Wirkung. Diese ist heftig, auch in Winterthur.
Ein gellender Schrei erschreckt das Publikum. Er kommt von einer Balletttänzerin mitten im Publikum, das eben noch dem Gespräch zugehört hat. Tänzer und Musiksolisten bewegen sich zwischen den Zuhörern, als bildeten diese einen Wald. Da und dort erklingen Musikfetzen. In diesen guerrillamässigen Auftritten wird klar, wie Strawinskys Geschichte uns heute trifft: Wieder wird auf diesem Kontinent eine Jugend dem Moloch Krieg geopfert. Es ist eine Jugend, die ohnehin mit der Angst lebt, dass ihnen im Alter weder Rente noch Natur und Landschaft bleiben. Damit ist das Thema gesetzt.
Im Konzertsaal geht es mit grosser Wucht los. Als Ouvertüre sozusagen erklingt das Stück «Die Eisengiesserei» von Alexander Mossolow aus dem Jahr 1928. Das Stück voller stampfender Rhythmen und mächtiger Klangwellen verkörpert wie selten eines das 20. Jahrhundert mit seinen aufsteigenden Industrien und Wolkenkratzern, Massenveranstaltungen und seinem wiederkehrenden Geschützdonner. Der einzelne Mensch wird von der Maschine geschluckt. Vielleicht war das in der Halle 53, in der ehemaligen Giesserei Sulzers, so. Noch zeugen Krane und T-Träger von der industriellen Vergangenheit des Orts. Während des Auftakts ist das Orchester beleuchtet. So sieht man, wie González dirigiert, wie die Klänge aus seinen Armbewegungen herauszuströmen scheinen.
Dann folgen Strawinsky und das Ballett. Dieses hält sich grundsätzlich an die Geschichte des Komponisten. Frische choreografische Einfälle öffnen den Fächer aber für neue Lesarten. So senkt sich ein Netz aus Stricken über die aus Angst zusammengedrängten Tanzenden. Sie zappeln wie Fische darin, versuchen zu entkommen. Schliesslich gelingt ihnen die Befreiung. Doch am Ende, nach durchlebtem Streit, nach Kämpfen und Aufbruch, ziehen die Tanzenden das Netz freiwillig über sich herab. Die Jugend opfert sich selbst, weil die Freiheit am Ende unerträglich wird. Sie würde der Gruppe zu viel abverlangen. So lautet eine mögliche Interpretation des im Tanz ausgedrückten Dramas. Nachdem der letzte Ton verklungen ist, sieht man es den jungen Tänzerinnen und Tänzern an: Das grosse Zusammenspiel hat funktioniert. Stehender Applaus brandet ihnen und dem Orchester entgegen. Die Aufführung von «Le sacre du printemps» erweist sich als grosses kulturelles Ereignis in Winterthur. Die Programmwoche unter dem Titel «Le Grand Rituel» dauert noch bis zum 18 Juni. An diesem Tag gibt es nochmals die Möglichkeit, «Le sacre du printemps» zu sehen.
Christian Felix
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