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Freitag, 9. Juni 2023
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Hinter den Fassaden der Stadtpolizei brodelt es wohl mehr, als Stadträtin Barbara Günthard-Maier zugeben mag.
Eine Personalumfrage mit miesen Zufriedenheitswerten, anhaltend viele Burnout-Fälle und eine kritisierte interne Kommunikation werfen ein zumindest fragwürdiges Bild auf die Stadtpolizei. Wir haben bei der zuständigen Stadträtin Barbara Günthard-Maier nachgefragt.
Winterthur Die Stadtpolizistinnen und Stadtpolizisten machen an der Front zweifelsohne einen hervorragenden Job. An einigen Arbeitsplätzen der Freunde und Helfer herrscht jedoch offenbar dicke Luft. Aus Angst, ihren Job zu verlieren, ist von aktiven Winterthurer Gesetzeshütern diesbezüglich nichts zu erfahren. Anlässlich einer im letzten Herbst lancierten, anonymen Personalumfrage innerhalb der Stadtverwaltung, haben viele Polizisten und Polizistinnen ihrem Ärger aber unmissverständlich Luft gemacht und ihre Unzufriedenheit signalisiert. Wie aus dem Kreis ehemaliger Mitarbeiter zu erfahren ist, sind vor allem die Personalpolitik und die interne Kommunikation vom Kader hinunter untragbar.
Die zuständige Stadträtin Barabara Günthard-Maier zeigt sich wenig überrascht, dass ihre Abteilung in der Personalumfrage die schlechtesten Werte auch punkto Zufriedenheit am Arbeitsplatz ausweist. Sie sieht die Probleme primär im strengen Polizeiberuf mit Schichtarbeit: «Die meisten Polizisten und Polizistinnen arbeiten zudem 100 Prozent, damit ist die Erholungszeit zwischen Arbeitseinsätzen im Vergleich zu Berufsfeldern mit vielen Teilzeitarbeitenden kürzer.» Auch in einem zweiten Punkt stellt Barbara Günthard-Maier die Probleme im Arbeitsumfeld an der «Front» und weniger innerbetrieblich fest. Dazu führt sie die häufigen Tätigungsfelder ihrer Beamten und Beamtinnen am Rande der Gesellschaft oder in Extremsituationen auf, die oft wenig Wertschätzung und Verständnis einbringen würden. Stadträtin Günthard-Maier weist auch auf Lohndifferenzen im Vergleich zu den andern Zürcher Korps hin: «Die Höhe des Lohns wird bei manchen Arbeitsnehmenden als Mass der Wertschätzung verstanden. Weil ich wissen will, was Sache ist, habe ich dem Kommando den Auftrag erteilt, mir die Situation zu analysieren, Fakten zu liefern und Handlungsoptionen aus ihrer Sicht aufzuzeigen. Gleichzeitig ist mir auch die gesamtstädtische Optik wichtig: Sollten uns die Abgänge und dadurch entstehende Ausbildungskosten für neue Polizist/-innen teurer zu stehen kommen als allfällige Lohnanpassungen, müssen wir auch aus finanzieller Sicht genauer hinschauen.» Sie verspreche aber nichts: «Es gibt keine schnelle Lösungen. Die Lohnstruktur wird gesamtstädtisch festgelegt, und das ist komplex.» Die Unzufriedenheit käme aber auch durch die schlechte Arbeitsplatzqualität am Obertor, vermutet die Stadträtin. Das neue Polizeigebäude bringe auch diesbezüglich Besserung. Schliesslich führt Barbara Günthard-Maier auch die Reorganisation «Roadmap20» auf, die sie in Auftrag gegeben habe: «Besser werden, bedeutet deshalb aber auch Veränderungen zu bringen, die nicht alle mögen.»
In Frage gestellt werden hingegen nicht in erster Linie die Umstrukturierungen, die «Roadmap 20» mit sich brachte, sondern die Kommunikation von der Polizei-Führung zur Basis. Gut funktionierende Abteilungen, wie etwa die Rapportkontrolle, wurden aufgehoben, ganze Bereiche umbenannt oder ausgelagert, was «Roadmap 20» zugesprochen werden kann. Dies habe schon auch zu kopfschütteln geführt, sagt A.B.*, eine Person, die einst bei der Stadtpolizei arbeitete. Unverständlich sei aber gewesen, dass Polizisten und Polizistinnen teils fast von einem Tag auf den anderen unvorbereitet vor Tatsachen gestellt wurden. Auch diesbezüglich beschwichtigt Barbara Günthard-Maier: «Ich habe das Kommando bereits angewiesen, betreffs korpsinterner Kommunikation einen Schwerpunkt zu setzen. Auch bei diesem Thema gibt es aber keine schnellen Lösungen, eine Unternehmenskultur weiterzuentwickeln, ist harte Arbeit, braucht Zeit.»
Vor knapp zwei Jahren wurden in der Stadtpolizei aus krankheitsbedingten Gründen ausgeschiedene Mitarbeiter in Schlüsselpositionen ersetzt.
Unter anderen übernahm Marcel Bebié den Posten des stellvertretenden Kommandanten, Michael Wirz jenen des Leiters Medien und Kommunikation. Mit krankheitsbedingt wurden nicht zuletzt auch Burnout-Fälle getarnt. Und diese waren auch letztes Jahr noch vorhanden und auch aktuell seien noch Mitarbeiter davon betroffen, wie A.B. bestätigt. Zumindest was das Kader betrifft, dementiert Barbara Günthard-Maier weitere Ausfälle: «Die zentralen Kaderstellen sind komplett besetzt und alle Stelleninhaber motiviert im Einsatz. Zu tatsächlichen oder hypothetischen gesundheitlichen Themen einzelner Mitarbeitenden sage ich aus Persönlichkeitsschutzgründen natürlich nichts.»
Eine weitere Kritik betrifft die Einsetzung von beruflichen Quereinsteigern in Führungspositionen. «Da erhalten Personen eine Uniform und eine Waffe, die zuvor keinerlei polizeiliche Ausbildung genossen haben, geschweige denn einmal einen Nachtdienst absolviert haben oder anderweitig eine Ahnung haben, wie unsere Dienste ablaufen», verlautet ein diesbezüglicher Einwand. Demgegenüber schreibt Barbara Günthard-Maier in ihrer Stellungnahme unter anderem: «Dies ist so, weil die Stapo Winterthur am richtigen Ort die besten Leute braucht. Das Feld, in dem sich die Stadtpolizei bewegt, ist vielschichtig: Es braucht hervorragende Frontarbeit, es braucht aber auch professionelle Unterstützung in Querschnitthemen wie IT, Personal, Recht oder Finanzen.
Auf die Frage hin, warum sie, Kommandant Fritz Lehmann und Kommandant-STV Marcel Bebié trotz der tiefen Zufriedenheitsquote der Mitarbeiter und weiterer Kritik noch die richtigen Führungskräfte der Winterthurer Stadtpolizei seien, entgegnet Barbara Günthard-Maier: «Weil wir wohl alle drei Herausforderungen nicht schönreden, sondern zusammen anpacken, entscheiden und Lösungen bringen.»
Die «Winterthurer Zeitung» hat die ausführliche Stellungsnahme (siehe Hinweis unten) Barbara Günthard-Maiers zu den einzelnen Kritikpunkten auch A.B. vorgelegt. «Da wird vieles schöngeredet», so die abschliessende Antwort.
George Stutz
Die ausführliche Stellungnahme von Polizei-Stadträtin Barbara Günthard-Maier
Frau Günthard-Maier, in einer Personalumfrage innerhalb der Stadtverwaltung hat die Stadtpolizei schlecht abgeschnitten, waren Sie überrascht?
Nein, ich war nicht überrascht. Folgende vier Gründe führen meiner Ansicht nach dazu.
A) Der Polizeiberuf ist streng und Schichtarbeit ist streng. Die meisten Polizist/-innen arbeiten zudem 100 Prozent, damit ist die Erholungszeit zwischen Arbeitseinsätzen im Vergleich zu Berufsfeldern mit vielen Teilzeitarbeitenden kürzer.
B) Polizist/-innen erfahren bei ihrer Arbeit – oft am Rande der Gesellschaft oder in Extremsituationen – wenig Wertschätzung. Ihre Arbeit ruft, bei aller sozialkompetenten Umsetzung, und diesbezüglich darf ich unseren Stadtpolizist/-innen ein Kränzchen winden - immer wieder auch Unverständnis hervor. Wenn jemand zum Beispiel die eigene Wohnung verlassen muss, weil er Gewalt gegen Familienangehörige ausgeübt hat, ruft das keine Begeisterung hervor. Viele Polizist/-innen haben selbst aber starke Werte verinnerlicht, haben hohe Ansprüche an sich selbst und an ihr Umfeld. Wenn dann manche auch noch davon ausgehen, dass sie in weniger verdienen als ihre Kolleg/-innen in den andern Zürcher Korps, hilft dies auch nicht. Die Höhe des Lohns wird bei manchen Arbeitsnehmenden ja als Mass der Wertschätzung verstanden. Weil ich wissen will, was Sache ist, habe ich dem Kommando den Auftrag erteilt, mir die Situation zu analysieren, Fakten zu liefern und Handlungsoptionen aus ihrer Sicht aufzuzeigen. Gleichzeitig ist mir auch die gesamtstädtische Optik wichtig: Sollten uns die Abgänge und dadurch entstehende Ausbildungskosten für neue Polizist/-innen teurer zu stehen kommen als allfällige Lohnanpassungen, müssen wir auch aus finanzieller Sicht genauer hinschauen. Aber ich sage immer: "Ich verspreche nichts. Es gibt keine schnelle Lösungen. Die Lohnstruktur wird gesamtstädtisch festgelegt, und das ist komplex."
C) Die Arbeitsplatzqualität am Obertor ist schlecht. Das weiss die Winterthurer Bevölkerung seit 50 Jahren, deshalb hat sie im Jahr 2016 mit überwältigendem Mehr "ja" gesagt zum Bau eines neuen Polizeigebäudes. Toll, dafür bin ich ihr bis heute sehr dankbar! Die Baugrube steht, 2022 ist das Gebäude bezugsbereit. Bis dahin gilt es für die Polizistinnen und Polizisten durchzuhalten!
D) Mit der Reorganisation "Roadmap20", die ich in Auftrag gegeben habe,hat das Kommando die Stadtpolizei ein gewaltiges Stück weitergebracht. Diese wird mit den letzten organisatorischen Anpassungen diesen Sommer hervorragend aufgestellt sein und "fit" ins neue Polizeigebäude einziehen. Aber: «Besser werden» bedeutet auch «verändern», und das mögen nicht alle. Deshalb habe ich dem Kommando den Auftrag gegeben, die jetzt beschlossene Organisation bis auf weiteres so stehen zu lassen. Jetzt ist eine Konsolidierung wichtig.
Letztes Jahr wurde kommuniziert, dass unter anderem aufgrund von gesundheitlichen Problemen Kaderstellen neu besetzt werden mussten, das Problem ist jedoch nach wie vor vorhanden, Absenzen aufgrund von Burnout-Symptomen wurden zwar gegen aussen diskret behandelt, waren oder sind aber weiterhin gegeben, was läuft falsch?
Die zentralen Kaderstellen sind komplett besetzt und alle Stelleninhaber motiviert im Einsatz. Zu tatsächlichen oder hypothetischen gesundheitlichen Themen einzelner Mitarbeitenden sage ich aus Persönlichkeitsschutzgründen natürlich nichts.
Gut funktionierende Abteilungen, wie etwa die Rapportkontrolle, wurden aufgehoben, ganze Bereiche umbenannt oder ausgelagert, was der Umstrukturierung im Rahmen von „Roadmap 20“ zugesprochen werden kann. Gleichzeitig wurden Mitarbeiter mit entsprechenden Entscheidungen teils vor den Kopf gestossen, die Kommunikation von oben nach unten scheint ein grösseres Problem zu sein, das zur Unzufriedenheit beiträgt?
Diese Frage beinhaltet den Hinweis, dass die Kommunikation korpsintern verbessert werden kann. Diesbezüglich bin ich informiert, ich habe das Kommando bereits angewiesen, hier einen Schwerpunkt zu setzen. Auch bei diesem Thema gibt es aber keine schnellen Lösungen, eine Unternehmenskultur weiterzuentwickeln, ist harte Arbeit und braucht Zeit.
Warum werden Quereinsteiger, die keine polizeiliche Ausbildung hinter sich haben, nicht einmal Einblicke in Nachtdienste oder andere Dienste genommen haben, als Leutnants, versehen mit Uniform und Waffe, engagiert?
Weil die Stapo Winterthur am richtigen Ort die besten Leute braucht. Das Feld, in dem sich die Stadtpolizei bewegt, ist vielschichtig: Es braucht hervorragende Frontarbeit, es braucht aber auch professionelle Unterstützung in Querschnitthemen wie IT, Personal, Recht oder Finanzen. Die Ansprüche an diese Bereiche sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Daher ist wie bei allen grösseren Korps auch bei der Stapo Winterthur das Fachwissen von Fachkadern wie Juristen oder Ökonomen sehr gefragt. Gemeinsam sind wir stark: Es ist die richtige Mischung und der gegenseitige Respekt, die gemeinsam zum Erfolg führen. Und den Erfolg wollen wir - schliesslich ist die Stapo für die Bevölkerung da, sie macht Winterthur sicher. Das ist ihr Auftrag.
Zur Entlastung des Personals von Gewerbepolizei und Wirtschaftspolizei hätte auch das 2016 von Ihnen vorgestellte 180‘000 Franken teure Online-Portal für Bewilligungen beitragen sollen. Dieses funktionierte von Anfang nicht, auf Wunsch von Ihnen wurden nochmals 90‘000 Franken reingesteckt mit dem Resultat, dass es auch heute noch nicht einwandfrei funktioniert. Wurde rund eine Viertelmillion Franken in den Sand gesetzt?
Keineswegs. Drei vorher im Einsatz stehende, veraltete Software-Lösungen musste ersetzt werden. Ich würde hier weniger von Entlastung des Personals reden, Entwicklungen im digitalen Bereich sind wichtige Schritte in die Zukunft. Das Online-Portal bietet zum Beispiel erstmals eine gemeinsame Datenbank für alle verwaltungspolizeilichen Bewilligungen und ist eine automatisierte Schnittstelle zum städtischen Verrechnungsprogramm. Aber auch die online ausfüllbaren pdf-Gesuche finden in der Praxis guten Anklang.
Warum sind Herr Lehmann, Herr Bebié und Sie als Stadträtin noch die richtigen Führungskräfte für die Winterthurer Stadtpolizei?
Weil wir wohl alle drei Herausforderungen nicht schönreden, sondern zusammen anpacken, entscheiden und Lösungen bringen. Beispiele dafür habe ich soeben gegeben.
Interview: George Stutz
Auch hier wurde die alte indische Weisheit missachtet, dass man zuerst schauen soll, dass etwas nicht kaputt gemacht wird, bevor man es ändert.
Peter Schenk antwortenLiebe Frau Stadträtin Ist es nicht so, dass Polizisten aus andere Polizeikorps den von Ihnen genannten Gründen A)/B) nicht auch ausgesetzt sind? Und trotzdem scheint dort vieles besser und die Mitarbeiterzufriedenheit ist um ein vielfaches höher...
besorgter Bürger antwortenHinter den Fassaden der Stadtpolizei brodelt es wohl mehr, als Stadträtin Barbara Günthard-Maier zugeben mag.
Eine Personalumfrage mit miesen Zufriedenheitswerten, anhaltend viele Burnout-Fälle und eine kritisierte interne Kommunikation werfen ein zumindest fragwürdiges Bild auf die Stadtpolizei. Wir haben bei der zuständigen Stadträtin Barbara Günthard-Maier nachgefragt.
Winterthur Die Stadtpolizistinnen und Stadtpolizisten machen an der Front zweifelsohne einen hervorragenden Job. An einigen Arbeitsplätzen der Freunde und Helfer herrscht jedoch offenbar dicke Luft. Aus Angst, ihren Job zu verlieren, ist von aktiven Winterthurer Gesetzeshütern diesbezüglich nichts zu erfahren. Anlässlich einer im letzten Herbst lancierten, anonymen Personalumfrage innerhalb der Stadtverwaltung, haben viele Polizisten und Polizistinnen ihrem Ärger aber unmissverständlich Luft gemacht und ihre Unzufriedenheit signalisiert. Wie aus dem Kreis ehemaliger Mitarbeiter zu erfahren ist, sind vor allem die Personalpolitik und die interne Kommunikation vom Kader hinunter untragbar.
Die zuständige Stadträtin Barabara Günthard-Maier zeigt sich wenig überrascht, dass ihre Abteilung in der Personalumfrage die schlechtesten Werte auch punkto Zufriedenheit am Arbeitsplatz ausweist. Sie sieht die Probleme primär im strengen Polizeiberuf mit Schichtarbeit: «Die meisten Polizisten und Polizistinnen arbeiten zudem 100 Prozent, damit ist die Erholungszeit zwischen Arbeitseinsätzen im Vergleich zu Berufsfeldern mit vielen Teilzeitarbeitenden kürzer.» Auch in einem zweiten Punkt stellt Barbara Günthard-Maier die Probleme im Arbeitsumfeld an der «Front» und weniger innerbetrieblich fest. Dazu führt sie die häufigen Tätigungsfelder ihrer Beamten und Beamtinnen am Rande der Gesellschaft oder in Extremsituationen auf, die oft wenig Wertschätzung und Verständnis einbringen würden. Stadträtin Günthard-Maier weist auch auf Lohndifferenzen im Vergleich zu den andern Zürcher Korps hin: «Die Höhe des Lohns wird bei manchen Arbeitsnehmenden als Mass der Wertschätzung verstanden. Weil ich wissen will, was Sache ist, habe ich dem Kommando den Auftrag erteilt, mir die Situation zu analysieren, Fakten zu liefern und Handlungsoptionen aus ihrer Sicht aufzuzeigen. Gleichzeitig ist mir auch die gesamtstädtische Optik wichtig: Sollten uns die Abgänge und dadurch entstehende Ausbildungskosten für neue Polizist/-innen teurer zu stehen kommen als allfällige Lohnanpassungen, müssen wir auch aus finanzieller Sicht genauer hinschauen.» Sie verspreche aber nichts: «Es gibt keine schnelle Lösungen. Die Lohnstruktur wird gesamtstädtisch festgelegt, und das ist komplex.» Die Unzufriedenheit käme aber auch durch die schlechte Arbeitsplatzqualität am Obertor, vermutet die Stadträtin. Das neue Polizeigebäude bringe auch diesbezüglich Besserung. Schliesslich führt Barbara Günthard-Maier auch die Reorganisation «Roadmap20» auf, die sie in Auftrag gegeben habe: «Besser werden, bedeutet deshalb aber auch Veränderungen zu bringen, die nicht alle mögen.»
In Frage gestellt werden hingegen nicht in erster Linie die Umstrukturierungen, die «Roadmap 20» mit sich brachte, sondern die Kommunikation von der Polizei-Führung zur Basis. Gut funktionierende Abteilungen, wie etwa die Rapportkontrolle, wurden aufgehoben, ganze Bereiche umbenannt oder ausgelagert, was «Roadmap 20» zugesprochen werden kann. Dies habe schon auch zu kopfschütteln geführt, sagt A.B.*, eine Person, die einst bei der Stadtpolizei arbeitete. Unverständlich sei aber gewesen, dass Polizisten und Polizistinnen teils fast von einem Tag auf den anderen unvorbereitet vor Tatsachen gestellt wurden. Auch diesbezüglich beschwichtigt Barbara Günthard-Maier: «Ich habe das Kommando bereits angewiesen, betreffs korpsinterner Kommunikation einen Schwerpunkt zu setzen. Auch bei diesem Thema gibt es aber keine schnellen Lösungen, eine Unternehmenskultur weiterzuentwickeln, ist harte Arbeit, braucht Zeit.»
Vor knapp zwei Jahren wurden in der Stadtpolizei aus krankheitsbedingten Gründen ausgeschiedene Mitarbeiter in Schlüsselpositionen ersetzt.
Unter anderen übernahm Marcel Bebié den Posten des stellvertretenden Kommandanten, Michael Wirz jenen des Leiters Medien und Kommunikation. Mit krankheitsbedingt wurden nicht zuletzt auch Burnout-Fälle getarnt. Und diese waren auch letztes Jahr noch vorhanden und auch aktuell seien noch Mitarbeiter davon betroffen, wie A.B. bestätigt. Zumindest was das Kader betrifft, dementiert Barbara Günthard-Maier weitere Ausfälle: «Die zentralen Kaderstellen sind komplett besetzt und alle Stelleninhaber motiviert im Einsatz. Zu tatsächlichen oder hypothetischen gesundheitlichen Themen einzelner Mitarbeitenden sage ich aus Persönlichkeitsschutzgründen natürlich nichts.»
Eine weitere Kritik betrifft die Einsetzung von beruflichen Quereinsteigern in Führungspositionen. «Da erhalten Personen eine Uniform und eine Waffe, die zuvor keinerlei polizeiliche Ausbildung genossen haben, geschweige denn einmal einen Nachtdienst absolviert haben oder anderweitig eine Ahnung haben, wie unsere Dienste ablaufen», verlautet ein diesbezüglicher Einwand. Demgegenüber schreibt Barbara Günthard-Maier in ihrer Stellungnahme unter anderem: «Dies ist so, weil die Stapo Winterthur am richtigen Ort die besten Leute braucht. Das Feld, in dem sich die Stadtpolizei bewegt, ist vielschichtig: Es braucht hervorragende Frontarbeit, es braucht aber auch professionelle Unterstützung in Querschnitthemen wie IT, Personal, Recht oder Finanzen.
Auf die Frage hin, warum sie, Kommandant Fritz Lehmann und Kommandant-STV Marcel Bebié trotz der tiefen Zufriedenheitsquote der Mitarbeiter und weiterer Kritik noch die richtigen Führungskräfte der Winterthurer Stadtpolizei seien, entgegnet Barbara Günthard-Maier: «Weil wir wohl alle drei Herausforderungen nicht schönreden, sondern zusammen anpacken, entscheiden und Lösungen bringen.»
Die «Winterthurer Zeitung» hat die ausführliche Stellungsnahme (siehe Hinweis unten) Barbara Günthard-Maiers zu den einzelnen Kritikpunkten auch A.B. vorgelegt. «Da wird vieles schöngeredet», so die abschliessende Antwort.
George Stutz
Die ausführliche Stellungnahme von Polizei-Stadträtin Barbara Günthard-Maier
Frau Günthard-Maier, in einer Personalumfrage innerhalb der Stadtverwaltung hat die Stadtpolizei schlecht abgeschnitten, waren Sie überrascht?
Nein, ich war nicht überrascht. Folgende vier Gründe führen meiner Ansicht nach dazu.
A) Der Polizeiberuf ist streng und Schichtarbeit ist streng. Die meisten Polizist/-innen arbeiten zudem 100 Prozent, damit ist die Erholungszeit zwischen Arbeitseinsätzen im Vergleich zu Berufsfeldern mit vielen Teilzeitarbeitenden kürzer.
B) Polizist/-innen erfahren bei ihrer Arbeit – oft am Rande der Gesellschaft oder in Extremsituationen – wenig Wertschätzung. Ihre Arbeit ruft, bei aller sozialkompetenten Umsetzung, und diesbezüglich darf ich unseren Stadtpolizist/-innen ein Kränzchen winden - immer wieder auch Unverständnis hervor. Wenn jemand zum Beispiel die eigene Wohnung verlassen muss, weil er Gewalt gegen Familienangehörige ausgeübt hat, ruft das keine Begeisterung hervor. Viele Polizist/-innen haben selbst aber starke Werte verinnerlicht, haben hohe Ansprüche an sich selbst und an ihr Umfeld. Wenn dann manche auch noch davon ausgehen, dass sie in weniger verdienen als ihre Kolleg/-innen in den andern Zürcher Korps, hilft dies auch nicht. Die Höhe des Lohns wird bei manchen Arbeitsnehmenden ja als Mass der Wertschätzung verstanden. Weil ich wissen will, was Sache ist, habe ich dem Kommando den Auftrag erteilt, mir die Situation zu analysieren, Fakten zu liefern und Handlungsoptionen aus ihrer Sicht aufzuzeigen. Gleichzeitig ist mir auch die gesamtstädtische Optik wichtig: Sollten uns die Abgänge und dadurch entstehende Ausbildungskosten für neue Polizist/-innen teurer zu stehen kommen als allfällige Lohnanpassungen, müssen wir auch aus finanzieller Sicht genauer hinschauen. Aber ich sage immer: "Ich verspreche nichts. Es gibt keine schnelle Lösungen. Die Lohnstruktur wird gesamtstädtisch festgelegt, und das ist komplex."
C) Die Arbeitsplatzqualität am Obertor ist schlecht. Das weiss die Winterthurer Bevölkerung seit 50 Jahren, deshalb hat sie im Jahr 2016 mit überwältigendem Mehr "ja" gesagt zum Bau eines neuen Polizeigebäudes. Toll, dafür bin ich ihr bis heute sehr dankbar! Die Baugrube steht, 2022 ist das Gebäude bezugsbereit. Bis dahin gilt es für die Polizistinnen und Polizisten durchzuhalten!
D) Mit der Reorganisation "Roadmap20", die ich in Auftrag gegeben habe,hat das Kommando die Stadtpolizei ein gewaltiges Stück weitergebracht. Diese wird mit den letzten organisatorischen Anpassungen diesen Sommer hervorragend aufgestellt sein und "fit" ins neue Polizeigebäude einziehen. Aber: «Besser werden» bedeutet auch «verändern», und das mögen nicht alle. Deshalb habe ich dem Kommando den Auftrag gegeben, die jetzt beschlossene Organisation bis auf weiteres so stehen zu lassen. Jetzt ist eine Konsolidierung wichtig.
Letztes Jahr wurde kommuniziert, dass unter anderem aufgrund von gesundheitlichen Problemen Kaderstellen neu besetzt werden mussten, das Problem ist jedoch nach wie vor vorhanden, Absenzen aufgrund von Burnout-Symptomen wurden zwar gegen aussen diskret behandelt, waren oder sind aber weiterhin gegeben, was läuft falsch?
Die zentralen Kaderstellen sind komplett besetzt und alle Stelleninhaber motiviert im Einsatz. Zu tatsächlichen oder hypothetischen gesundheitlichen Themen einzelner Mitarbeitenden sage ich aus Persönlichkeitsschutzgründen natürlich nichts.
Gut funktionierende Abteilungen, wie etwa die Rapportkontrolle, wurden aufgehoben, ganze Bereiche umbenannt oder ausgelagert, was der Umstrukturierung im Rahmen von „Roadmap 20“ zugesprochen werden kann. Gleichzeitig wurden Mitarbeiter mit entsprechenden Entscheidungen teils vor den Kopf gestossen, die Kommunikation von oben nach unten scheint ein grösseres Problem zu sein, das zur Unzufriedenheit beiträgt?
Diese Frage beinhaltet den Hinweis, dass die Kommunikation korpsintern verbessert werden kann. Diesbezüglich bin ich informiert, ich habe das Kommando bereits angewiesen, hier einen Schwerpunkt zu setzen. Auch bei diesem Thema gibt es aber keine schnellen Lösungen, eine Unternehmenskultur weiterzuentwickeln, ist harte Arbeit und braucht Zeit.
Warum werden Quereinsteiger, die keine polizeiliche Ausbildung hinter sich haben, nicht einmal Einblicke in Nachtdienste oder andere Dienste genommen haben, als Leutnants, versehen mit Uniform und Waffe, engagiert?
Weil die Stapo Winterthur am richtigen Ort die besten Leute braucht. Das Feld, in dem sich die Stadtpolizei bewegt, ist vielschichtig: Es braucht hervorragende Frontarbeit, es braucht aber auch professionelle Unterstützung in Querschnitthemen wie IT, Personal, Recht oder Finanzen. Die Ansprüche an diese Bereiche sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Daher ist wie bei allen grösseren Korps auch bei der Stapo Winterthur das Fachwissen von Fachkadern wie Juristen oder Ökonomen sehr gefragt. Gemeinsam sind wir stark: Es ist die richtige Mischung und der gegenseitige Respekt, die gemeinsam zum Erfolg führen. Und den Erfolg wollen wir - schliesslich ist die Stapo für die Bevölkerung da, sie macht Winterthur sicher. Das ist ihr Auftrag.
Zur Entlastung des Personals von Gewerbepolizei und Wirtschaftspolizei hätte auch das 2016 von Ihnen vorgestellte 180‘000 Franken teure Online-Portal für Bewilligungen beitragen sollen. Dieses funktionierte von Anfang nicht, auf Wunsch von Ihnen wurden nochmals 90‘000 Franken reingesteckt mit dem Resultat, dass es auch heute noch nicht einwandfrei funktioniert. Wurde rund eine Viertelmillion Franken in den Sand gesetzt?
Keineswegs. Drei vorher im Einsatz stehende, veraltete Software-Lösungen musste ersetzt werden. Ich würde hier weniger von Entlastung des Personals reden, Entwicklungen im digitalen Bereich sind wichtige Schritte in die Zukunft. Das Online-Portal bietet zum Beispiel erstmals eine gemeinsame Datenbank für alle verwaltungspolizeilichen Bewilligungen und ist eine automatisierte Schnittstelle zum städtischen Verrechnungsprogramm. Aber auch die online ausfüllbaren pdf-Gesuche finden in der Praxis guten Anklang.
Warum sind Herr Lehmann, Herr Bebié und Sie als Stadträtin noch die richtigen Führungskräfte für die Winterthurer Stadtpolizei?
Weil wir wohl alle drei Herausforderungen nicht schönreden, sondern zusammen anpacken, entscheiden und Lösungen bringen. Beispiele dafür habe ich soeben gegeben.
Interview: George Stutz
Auch hier wurde die alte indische Weisheit missachtet, dass man zuerst schauen soll, dass etwas nicht kaputt gemacht wird, bevor man es ändert.
Peter Schenk antwortenLiebe Frau Stadträtin Ist es nicht so, dass Polizisten aus andere Polizeikorps den von Ihnen genannten Gründen A)/B) nicht auch ausgesetzt sind? Und trotzdem scheint dort vieles besser und die Mitarbeiterzufriedenheit ist um ein vielfaches höher...
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